Der Arbeitgeberzuschuss gilt bald auch für Altverträge. Was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Ab dem 01.01.2022 müssen Unternehmen den Pflichtzuschuss zur Entgeltumwandlung auch bei Bestandsverträgen leisten, doch das ist kein Grund für Kopfschmerzen! Schon klar, die erforderlichen Anpassungen sind für Unternehmen sehr aufwendig, doch schaut man genauer hin, sind die Änderungen häufig gar nicht so groß. Oft ergeben sich sogar Vorteile. Auf Arbeitnehmerseite ist jetzt Eigeninitiative gefordert, damit der Arbeitnehmer nicht unwissend auf den Arbeitgeberzuschuss verzichtet. Die wichtigsten Informationen und Schritte finden Sie in diesem Artikel.
Die bAV-Anpassung ab 2022 nutzen viele Akteure, um Unruhe bei Arbeitgebern zu schüren. Doch lassen Sie sich nicht verrückt machen, die aufkommende Panik ist meist unbegründet. Arbeitnehmer sollten sich in dieser Zeit über ihre Rechte informieren, damit ihnen die Zuschüsse nicht durch die Lappen gehen.
Was genau Arbeitgeber und Arbeitnehmer jetzt tun müssen, erfahren Sie im Artikel.
Welches Thema interessiert Sie beim Thema Pflichtzuschuss besonders?
- Arbeitgeberzuschuss zur bAV ab 2022: Lassen Sie sich jetzt keine Panik einreden
- Arbeitgeberzuschuss zur bAV ist keine zusätzliche Belastung für Unternehmen
- Zahlt Ihr Unternehmen bereits den Arbeitgeberzuschuss? – Die Versorgungsordnung legt Regeln zur bAV im Unternehmen fest
- Arbeitnehmer sollten jetzt mit ihrem Chef über ihre bAV und Arbeitgeberzuschüsse sprechen
Arbeitgeberzuschuss zur bAV ab 2022: Lassen Sie sich jetzt keine Panik einreden
Beschäftigt man sich mit der betrieblichen Altersvorsorge (bAV), dann stößt man auch unweigerlich auf das Betriebsrentengesetz, beziehungsweise auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz. Das Betriebsrentengesetz gibt seit 1974 alle gesetzlichen Regelungen zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Staat zur bAV vor. Dagegen ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz (2018) ein Bündel aus Reformen, die die bAV attraktiver gestalten sollen.
Arbeitgebern wird mit der Gesetzesänderung oft Panik gemacht. Dabei sind die Gesetze nicht neu und viele Arbeitgeber erfüllen die Verpflichtungen bereits.
Die Reformen beinhalten einen gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss auf Entgeltumwandlungen
Arbeitgeber sind somit seit dem 01.01.2018 dazu verpflichtet, 15 Prozent des Entgeltumwandlungsbetrags in die Direktversicherung, die Pensionskasse oder den Pensionsfond ihrer Arbeitnehmer einzuzahlen, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss tritt in zwei Schritten in Kraft:
- Seit dem 01.01.2019 muss der Arbeitgeberzuschuss für alle Neuverträge (ab 01.01.2019) gezahlt werden.
- Neu: Ab dem 01.01.2022 wird der Arbeitgeberzuschuss auch für Altverträge verpflichtend, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden.
Arbeitgeberzuschüsse für Entgeltumwandlung sind somit kein ganz neues Thema. Nach der Übergangsfrist müssen jetzt allerdings Bestandsverträge geprüft und eventuell angepasst werden.
Arbeitgeberzuschuss zur bAV ist keine zusätzliche Belastung für Unternehmen
Der Arbeitgeberzuschuss dient als Ausgleich für eingesparte Sozialversicherungsbeiträge, die durch die Entgeltumwandlung entstehen. Da die Umwandlungsbeträge vom Bruttolohn in die bAV fließen, fallen für diese keine Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber an.
Es gibt somit für Arbeitgeber keinen Grund für Kopfschmerzen. Und für Arbeitnehmer sowieso nur einen Grund zu feiern. Trotz Pflichtzuschuss spart der Arbeitgeber in der Regel weiterhin Sozialversicherungsbeiträge ein. Außerdem unterstützt er seine Arbeitnehmer, stärkt die Mitarbeiterbindung sowie Motivation und trägt dazu bei, Altersarmut zu bekämpfen.
Ein Beispiel für den bAV-Arbeitgeberzuschuss:
Antonia H. verdient monatlich 3.000 Euro brutto und wandelte bisher 100 Euro ihres Bruttogehalts um.
Antonia liegt mit ihrem Gehalt unter der Beitragsbemessungsgrenze (Renten- und Krankenversicherung). Damit ermöglicht sie ihrem Arbeitgeber eine Ersparnis der Sozialversicherungsbeiträge von etwa 19 Prozent (hier 19 Euro).
Ab dem 01.01.2022 ist ihr Arbeitgeber jedoch verpflichtet, einen Zuschuss von mindestens 15 Prozent (hier 15 Euro) des Entgeltumwandlungsbetrags beizutragen, da er Sozialversicherungsbeiträge einspart. Es werden so 115 Euro an die Direktversicherung weitergeleitet und die Ersparnis des Arbeitgebers liegt jetzt bei 4 Euro (19 Euro Ersparnis abzüglich der 15 Euro Pflichtzuschuss). Die 115 Euro sind bei der Einzahlung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber steuerfrei.
Zahlt Ihr Unternehmen bereits den Arbeitgeberzuschuss? – Die Versorgungsordnung legt bereits Regeln zur bAV im Unternehmen fest
Bevor die große Panik aufkommt, sollten Arbeitgeber erst mal ihre bereits bestehende Versorgungsordnung prüfen. Häufig zahlen Unternehmen schon freiwillig Zuschüsse, weshalb sie den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zur bAV nicht im vollem Umfang beisteuern müssen oder er ganz entfällt. Häufig decken bereits andere freiwillige Zuzahlungen den Pflichtzuschuss von 15 Prozent.
Unternehmen, die bereits Zuschüsse zahlen, sind von der gesetzlichen Änderung meist nicht oder nur bedingt betroffen.
Die Versorgungsordnung hat oft mehr zu sagen als das Gesetz
Eine Versorgungsordnung definiert alle Regeln zur bAV in einem Unternehmen. Sie dient als Regelwerk, das beispielsweise die Regelungen zum Personenkreis sowie der Art und Höhe der Leistung festlegt und diese auch für die Arbeitnehmer transparent macht.
Ob Arbeitgeber schon Zuschüsse zahlen, die den Pflichtzuschuss abdecken, ist jedoch nicht immer direkt ersichtlich. Die rechtlichen Regelungen rund um die bAV sind komplex und oft individuell in Arbeitsverträgen verankert. Es ist also grundsätzlich ratsam, wie folgt vorzugehen:
Prüfung des Pflichtzuschusses im eigenen Unternehmen
- Prüfen Sie erst, ob Sie gesetzlich verpflichtet sind, den Arbeitgeberzuschuss zur bAV zu leisten. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn Ihre Mitarbeiter durch Entgeltumwandlung in die Betriebsrente einzahlen.
- Wenn ja: Gibt es bereits eine Versorgungsordnung, die alle Regeln rund um die bAV festlegt? Hier muss erkennbar sein, ob Ihr Unternehmen bereits Zuschüsse zahlt.
- Prüfen Sie, auf welcher Grundlage die Entgeltumwandlung geregelt wird. Gibt es beispielsweise einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung?
- Sind in den bestehenden Vereinbarungen bereits Zuschüsse festgelegt, die in Zusammenhang mit eingesparten Sozialversicherungsbeiträgen stehen?
- Werden bereits anderweitige Zuschüsse gezahlt, muss geprüft werden, ob diese in den Zuschuss für die bAV umgewandelt werden können.
Wann freiwillige Zuschüsse angerechnet werden können, ist oft nicht leicht zu erkennen. Eine individuelle Beratung durch einen externen Berater ist sinnvoll, um erst den Ist-Zustand zu prüfen und dann eine ideale und rechtssichere Lösung zu finden.
Arbeitnehmer sollten jetzt mit ihrem Chef über ihre bAV und Arbeitgeberzuschüsse sprechen
Zahlen Arbeitnehmer bereits in eine bAV ein, dann ist ihr Chef zwar ab dem 01.01.2022 zum Arbeitgeberzuschuss verpflichtet, jedoch ist das keine Garantie dafür, den Pflichtzuschuss auch zu erhalten. Viele Unternehmen sind bei bAV-Themen selbst verunsichert oder wissen über gesetzliche Regelungen nicht ausreichend Bescheid. Arbeitnehmer müssen ihren Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss selbst in die Hand nehmen und ihren Arbeitgeber um ein Gespräch bitten.
Trotz verpflichtendem Arbeitgeberzuschuss ist es wichtig, dass der Arbeitnehmer auf die Geschäftsführung zugeht und das Thema bAV-Zuschuss anspricht.
Auch für Arbeitnehmer, die bisher in keine bAV einzahlen, ist es ein guter Zeitpunkt, ihren Arbeitgeber nach einer Entgeltumwandlung zu fragen. Ihr Chef ist seit 2002 verpflichtet, eine Entgeltumwandlung zu ermöglichen. Außerdem greift das Betriebsrentenstärkungsgesetz seit 2019 für Neuverträge und der Arbeitgeber muss von Beginn an den Pflichtzuschuss leisten. Eine bAV bietet viele Vorteile und kann außerdem eine attraktive Alternative zur klassischen Gehaltserhöhung sein – am besten gepaart mit individuellen Gehaltsbausteinen.
Arbeitnehmer leben in der Netto-Welt, während Arbeitgeber in der Brutto-Welt unterwegs sind. Arbeitgeber wissen oft nicht über neue Reformen des Betriebsrentengesetzes Bescheid und kennen so auch die Auswirkungen für den Arbeitnehmer nicht. Um beide „Welten“ zusammenzubringen, ist die Unterstützung der Gehaltsgestalter® sinnvoll, die Hintergrundwissen im Sozialrecht, Arbeitsrecht, Tarifvertragsrecht und Steuerrecht haben.
Am Ende bedeutet eine Entgeltumwandlung, die auch der Arbeitgeber unterstützt, eine Win-win-Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer profitiert von höheren Beiträgen in das eigene Rentenkonto und der Arbeitgeber von motivierten Mitarbeitern und gestärkter Mitarbeiterbindung. Außerdem erspart sich der Arbeitgeber langfristig viel Zeit und Kosten durch Anpassung und Vereinheitlichung der bAV-Verträge.